Was will die junge Generation vom Arbeitsmarkt?

Generation Y & Z: Ihre Erwartungen an Arbeitgeber

Die Dinge ständig zu hinterfragen und nichts kommentarlos akzeptieren zu können – diesen Ruf hat die Generation Y. „Always on“ zu sein und keine Grenzen mehr zwischen Arbeits- und Privatleben zu kennen, wird der Generation Z nachgesagt, die seit einigen Jahren auf den Arbeitsmarkt strömt. Beiden Generationen wird von den Medien vorgeworfen „nie erwachsen werden zu wollen.“ Für vieles, was für sie selbstverständlich ist, mussten ältere Generationen noch kämpfen. Das schürt Potenzial für Konflikte, wie das aktuelle Internetmeme „OK, Boomer“ zeigt. Doch was erwarten „die Jungen“ von ihrem zukünftigen Arbeitgeber? Wie kann man die jungen Talente halten? Darum soll es in diesem Artikel gehen.

Wer ist die Generation Y, wer ist Generation Z?

Alle zwischen 1980 und 1995 Geborene zählen zur Generation Y. Die Jahrgänge nach 1995 zählen zur Generation Z und kommen nun, im Jahr 2019, mit Mitte 20 auf den Arbeitsmarkt.

Junge Talente strömen voller Selbstbewusstsein auf den Arbeitsmarkt

Die Angst, keinen Arbeitsplatz zu erhalten, haben die Studierenden von heute nicht. Sie strotzen vor Optimismus, was ihre Einstiegschancen angeht. Kein Wunder, denn „über Karriere-Events an der Hochschule oder Karriereplattformen wie LinkedIn und Xing erleben wir schon während des Studiums den „War of Talent“, bevor wir überhaupt ein Abschlusszeugnis in der Hand halten.“, so Maximilian Petrie, ein aktueller Master-Student.

Wie kann man die Generation Y & Z im Unternehmen halten?

Dieses Bewusstsein, dass überall noch ein anderer Job möglich wäre, macht es der jungen Generation Y & Z leicht, ihren Arbeitsplatz nach kürzester Zeit wieder aufzugeben und zu wechseln – wenn die Bedingungen nicht stimmen. Doch wie kann ein Arbeitgeber die jungen Arbeitskräfte glücklich machen? Was ist für sie ein Arbeitsplatz, an dem sie sich geschätzt fühlen und engagiert einbringen?

Eine angemessene Vergütung als Hygienefaktor

Ein angemessenes Gehalt ist nach wie vor ein Grundbedürfnis der Generation Y und Z. Aktuell beläuft sich das Wunschgehalt laut Employer Branding Beratung Universum auf 3.800 Euro brutto. Dennoch ist Geld ein leicht austauschbarer Hygienefaktor, den jedes andere Unternehmen auch bieten kann. Während für frühere Generationen ein sicherer Arbeitsplatz und ein gutes Gehalt genügten, um sehr lange bei einem Arbeitgeber zu bleiben, reicht das den jungen Generationen nicht mehr. Sie will vor allem eines: Dass jeder Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen gesehen wird, was sich auch in ihrem Anspruch an Führung widerspiegelt, siehe nächster Punkt.

Führung ja, aber bitte individuell

Weder Generation Y noch Z sind eine homogene Gruppe, auf die sich jeweils ein entsprechender (erlernter) Führungsstil anwenden lässt. Vielmehr fordern die jüngeren Generationen eine Führung, die sich auf ihr Individuum, ihre Stärken und Bedürfnisse einlässt. Unsere Interviewpartnerin Tessali Lacker, berufstätig mit mehreren Jahren Berufserfahrung, meint dazu: „Meiner Meinung nach sollte die Hauptfunktion einer Führungskraft heutzutage sein, seinen Mitarbeitern den Rücken freizuhalten und ihn zu stärken und eher einer Mentorenfunktion nachzugehen. Ich sehe regelmäßig, wie Kontrolle und Mikromanagement zulasten der Motivation gehen. Es werden keine Titel, Jahre an Berufserfahrung oder das Eckbüro respektiert, sondern nur noch Kompetenz, Vorbildfunktion und gute situative Führung, die einem zeigt, dass man gesehen und anerkannt wird. Die richtige innere Haltung einer Führungskraft sowie die richtige Atmosphäre eines Unternehmens müssen wahrhaftig existieren. Jedes Pseudoverhalten fliegt schnell auf.“

Auch für Maximilian Merscher, seit einigen Jahren im Bereich Online Marketing tätig, ist Micromanagement nichts, er sagt: „Ich für meinen Teil bin erfolgsgetrieben und möchte daher zielführend und auf meinem Weg Arbeitsziele erreichen, weshalb ich definitiv autonom arbeiten möchte, jedoch in Kombination mit geringem Micromanagement.“ Es braucht also eine Führungskraft, die für Fragen und Unsicherheiten ansprechbar ist, sich ansonsten aber eher raushält. Das geht mit klar definierten Zielvorgaben und Rahmenbedingungen, in denen die jungen Arbeitskräfte selbst Entscheidungen treffen dürfen. Strenge Hierarchien werden als demotivierend erlebt, ein hoher Grad an Autonomie und Selbstbestimmung ist gewünscht. Agile Teams, wie sie in vielen digitalen Unternehmen bereits üblich sind, sollten noch mehr Branchen durchdringen. Richtig gelebt, erleben junge Fachkräfte hier den richtigen Mix aus Eigenverantwortung und der Führungskraft als Coach. Unser Interviewpartner Maximilian Petrie meint sogar, „dass es für Unternehmen ohne agiles Mindset schon heute schwierig wird, digitale Talente für sich zu gewinnen.“

Nutzung digitaler Tools

Die E-Mail ist out. Sie steht für eine Informationskultur, in der es nicht angesagt ist, Wissen zu teilen und festigt damit weiterhin Silo-Denken und Machtausübung durch intransparenten Informationsfluss. Moderne Dienste wie Slack sind deshalb sehr beliebt bei den angehenden Arbeitskräften. Es gibt keine geschlossenen Türen, jeder kann mit jedem kommunizieren und Vereinbartes nachvollziehen. Es geht zudem auch viel schneller, sich Feedback zu einer Idee via Slack einzuholen statt per E-Mail.
„Wir sind mit digitalen Technologien aufgewachsen, wissen um ihre Vorteile gegenüber traditionellen Arbeitsmethoden und möchten daher auch Tools wie Slack, WhatsApp, Trello oder Microsoft Teams im Job nutzen.“, so Maximilian Petrie.
Arbeitgeber sollten Mut haben, neue Kommunikationstools in das Unternehmen zu integrieren, die Partizipation und hierarchieübergreifenden Austausch fördern.

Karriereförderung und Weiterentwicklung

Laut einer Studie des Frankfurter Zukunftsinstituts und der Personalberatung Signium habe die Generation Y den hohen Drang, immer neugierig zu bleiben und sich ständig weiterzubilden. Dazu nutzt sie YouTube Tutorials, TED Talks und MOOCs (Massive Open Online Courses), um sich mit geringem Zeitaufwand in neue Themen einzuarbeiten. Ältere Generationen sind es möglicherweise noch gewohnt, für Weiterbildung kämpfen zu müssen. Ein guter Arbeitgeber schiebt diese Verantwortung für Weiterentwicklung jedoch nicht mehr auf den Arbeitnehmer ab. „Lebenslanges Lernen“, wird zwar von jeder Fachkraft eingefordert, muss aber auch in ein Programm eingebunden sein. Gerade, weil die junge Generation mit ihren individuellen Stärken anerkannt werden will und der Drang nach Weiterentwicklung so hoch ist. Um diesem gerecht zu werden, sollten Arbeitgeber regelmäßig den Bedarf abfragen, idealerweise gibt es für alle Mitarbeiter ein fest definiertes Weiterbildungsbudget, über das sie frei verfügen und z. B. im Team entscheiden dürfen, für welches Weiterbildungsangebot sie es nutzen.

Partizipation und Mitgestaltung sind hohe Werte bei der Generation Y und Z, wenn es um ihren Wunsch-Arbeitsplatz geht

Flexible Arbeitszeit- und ortsgestaltung

Arbeit ist nicht gleich Anwesenheit, das haben die jüngeren Generationen verstanden. Sie wünschen sich, ihre Arbeitszeit flexibel einzuteilen und ihren Arbeitsplatz möglichst frei zu wählen: Wenn an einem Tag keine Anwesenheitszeit im Büro erforderlich ist, möchten die jungen Fachkräfte selbst entscheiden, ob sie ins Büro fahren, von Zuhause aus arbeiten oder von einem Café. Arbeit ist kein Ort mehr, sondern eine Tätigkeit, die man von überall aus erledigen kann. Selbstverständlich gehört hierzu eine gehörige Portion Vertrauen und die Übernahme von Verantwortung auf beiden Seiten. Und wenn es diese Möglichkeiten bei einem Arbeitgeber nicht gibt? Dann haben andere Unternehmen auch schöne Jobs – bestimmt auch mit der Option auf remote work respektive Home Office.

Was unterscheidet die Generation Y und Z von älteren Generationen?

Der wohl größte Unterschied, der sich bei der Generation Y und Z zu ihren Vorgängergenerationen feststellen lässt, ist, dass sie nicht mehr für den perfekten, geradlinigen Lebenslauf arbeiten. Der im Internet weit verbreitete Spruch „Sie haben da eine Lücke im Lebenslauf. – Ja, war geil.“ könnte als ihr Selbstverständnis interpretiert werden. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass sich die jüngeren Generationen mehr ausprobieren und dementsprechend eine höhere Wechselbereitschaft haben. Was ihnen wichtig ist, sind Werte wie „Freiheit, Transparenz, Anerkennung, Sinn, Fehlertoleranz, Förderung und Offenheit“, so Tessali Lacker . Umso bedeutender, dass Unternehmen ihre Werte auch nach außen präsentieren. Wenn Firmen auf Personalmessen allerdings versäumen, ihre Vision und wofür sie stehen, zu präsentieren, woher sollen Berufsanfänger dann wissen, ob sie dort richtig sind?

Junge Unternehmen wie Start-ups haben deshalb einen deutlichen Vorteil in der Rekrutierung von jungen Mitarbeitern: Ihre Vision, wofür sie brennen und warum sie gestartet sind, ist nach außen noch deutlich sichtbar. Auch sind die Rollen meistens noch nicht zu eng verteilt, sodass viele Mitarbeiter noch alles machen. Das spielt den jungen Berufseinsteigern, die sich nach einem hohen Freiheitsgrad und Autonomie sehnen, in die Karten. Für Maximilian Petrie und seine Kommilitonen werden Start-ups und KMU mit flachen Hierarchien deswegen zunehmend attraktiver für den Berufseinstieg.

Wer von der Generation Y und Z profitieren will, sollte ihr auch Verantwortung übertragen

Die Jungen wollen mitgestalten und mitentscheiden, so viel steht fest. Wer ihnen die Chance dazu nicht gibt, wird sie früher oder später an ein anderes Unternehmen verlieren.

Was also tun, um die Generation Y und Z im Unternehmen zu halten? Das Arbeiten in agilen Teams mit hoher Selbstverantwortung ist eine Sache, um diesem Bedürfnis zu begegnen. Wer aber wirklich von den jungen Talenten profitieren will, muss ihnen auch Entscheidungsbefugnis und wichtige Positionen übertragen. Denkbar sind z. B. Führungstandems, die aus einer erfahrenen Führungskraft des Unternehmens und einer jungen Fachkraft, die sich zur Führungskraft entwickeln möchte, bestehen. Für beide Seiten kann dies eine Win-Win-Situation sein: Die erfahrene Führungskraft profitiert vom neuen Wissen und innovativen Ideen, die jüngere Führungskraft von der Erfahrung und dem internen Standing des Gegenübers.

Warum sich Unternehmen darauf einlassen sollten? Gegenfrage: Warum sollte man andere Ergebnisse erwarten, wenn man alles so wie immer macht? Mit solch einer Tandem-Führung würde man auch dem Digitalen Darwinismus vorbeugen, der sich schnell einschleicht, wenn an entscheidenden Positionen im Unternehmen seit Jahren doch nur die gleichen Menschen sitzen. Ein Unternehmen kann nur zukunftsfähig bleiben, wenn es der Generation Y & Z auch Verantwortung überträgt. Andernfalls haben die Anhänger der Generation Y und Z schnell gekündigt (Mehr zum Thema Kündigung in unserem Blogartikel). Auf der Suche nach den optimalen Bedingungen klopfen sie einfach beim nächsten Arbeitgeber an. Sie agieren angstfrei, denn sie sind ja bereits mit dem Wissen aufgewachsen, dass sie die gesuchte Ressource im War for talents sind.

Fazit

Die Generation Y wie auch die Generation Z hat ihre konkreten Vorstellungen von der Arbeitswelt. Wer diese kritisiert oder die jungen Menschen gar als „verwöhnt“ abstempelt, hat nicht verstanden, welche Chance sich dahinter für alle Mitarbeiter aller Generationen verbirgt: Eine Unternehmenskultur, die auf die individuellen Bedürfnisse in puncto Arbeitszeit und –ort eingeht, die selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Arbeiten ermöglicht und dazu eine faire Bezahlung und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet, nützt am Ende den Unternehmen und Arbeitnehmern jeden Alters.

Auf der anderen Seite brauchen sich auch die Arbeitgeber, die auf diese Wünsche eingehen, keine Sorgen machen, im „War for talents“ gegen andere Firmen zu verlieren. Im Gegenteil, sie können sich über loyale und engagierte Mitarbeiter freuen, die die Zukunft ihres Unternehmens mitgestalten wollen.

Autorin: Ute Klingelhöfer für holisticminds – schreibt Artikel für den Blog und macht komplexe Themen verständlich.