Diversität und gleichberechtigte Teilhabe – große Chancen für Unternehmen

Anscheinend bedarf es immer noch Aktionen, wie der kürzlich in Berlin vorgestellten Kampagne „#ichwill“, um eíne gleichberechtige Teilhabe aller Geschlechter am sozialen wie wirtschaftlichen Leben in das Bewusstsein der Deutschen zu bringen. Ein Bündnis einflussreicher Frauen mit verschiedensten Erfahrungen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Sport in Person von Maria Furtwängler, Janina Kugel, Katja Kraus, Nora Bossong und Jutta Allmendinger fordert gemeinsam eine Quote für Frauen in Spitzenpositionen in Unternehmensvorständen, aber auch mehr Präsenz in Wissenschaft und Kultur (siehe auch FAZ.Net).

Dabei kann jede und jeder sich durch folgendes Gedankenexperiment die Sinnhaftigkeit einer gleichberechtigten Teilhabe aller Geschlechter vor Augen führen: Zwei gleich große Gruppen sollen eine komplexe Aufgabe lösen. Eine der beiden Gruppen ist bunt gemischt und deckt einen Großteil an Fachgebieten, Lebenserfahrungen und damit Perspektiven ab. Die zweite Gruppe ist sehr homogen. Die Gruppenmitglieder verfügen über ähnliches Fachwissen und Erfahrung. Welche der beiden Gruppen wird voraussichtlich eher gute bis sehr gute Lösungsalternativen entwickeln? Lösungen, welche auch bei der Hinzunahme weiterer Anforderungen noch zielführend sein werden?

Übertragen auf die Arbeitswelt ergeben sich aus einer konsequenten Anwendung einer auf Diversität setzenden Unternehmenskultur zahlreiche Vorteile. Zu nennen wären hier, das obige Gedankenexperiment aufgreifend, beispielhaft eine gesteigerte Innovationsfähigkeit. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven führen u.a. in der Produktkonzeption, in Marketing & Vertrieb und im Kundenservice zu einer angemesseneren Kundenansprache, in Ausnahmesituationen zu einer besseren Krisenresistenz. Und wirken sich so direkt auf den Unternehmenserfolg  aus. Auch im Recruiting stellen jüngere Generationen explizite Ansprüche hinsichtlich „Gender Equality“ und „kulturelle Vielfalt“ . Möchte man nicht nur in dieser Generation 50% der potentiellen Kandidat*innen von vorhinein ausschließen, sollte ein Unternehmen eine entsprechende diverse Unternehmenskultur entwickeln und leben.

Vorbild amerikanische Technologieunternehmen

So kann man natürlich die Erfolge der großen amerikanischen Technologieunternehmen auf die in den USA deutlich höhere Verfügbarkeit von Wagniskapital zurückführen. Aber ebenso lassen sich deren Erfolge auch auf die diverser aufgestellten Teams mit deren signifikant höheren Anteil an weiblichen oder internationalen Fach- und Führungskräften zurückführen. Aktuelle Zahlen des Reports der AllBright Stiftung belegen dagegen die aktuell traurige Realität in Deutschland.

Nichtsdestotrotz setzt sich, wenn auch noch zu langsam, auch hierzulande das Verständnis durch, dass für eine größere Teilhabe aller Geschlechter Anpassungen in den Unternehmen und in den Köpfen der Entscheider*innen notwendig ist. Nicht die Suche nach einer möglichst guten Imitation eines Entscheiders „Thomas“ oder Vorstands „Michael“ (s.a. „Ein ewiger Thomas Kreislauf?“) darf der Gradmesser für eine Eignungsbeurteilung bzgl. Beförderung oder Neueinstellung sein. Vielmehr sollte eher die Ergänzung des bestehenden Teamfits bzgl. aktuell noch fehlender erfolgsrelevanter Eigenschaften eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung sein.

Konkrete Ansätze für eine diversere Belegschaft

Konkrete Ansätze auf dem Weg zu einem diverseren Personal im Unternehmen könnten z.B. folgende sein:

  • Unternehmensinterne Aufklärung über unbewusste Vorurteile bzgl. der Geschlechter und vorhandener diverser Vorbilder durch Workshops und Artikeln in Intranet, Mitarbeiterpublikationen oder digitale Coaching-Angebote (à https://holisticminds.de/coaching-fuer-alle-digital-ortsunabhaengig-und-bequem/ ).
  • Etablieren Sie ein vielfältiges, diverses Mentorenprogramm, bei der Sie vielleicht eine Zuteilung von Mentee und Mentor*in durch Los herbeiführen.
  • Unterstützen Sie generell das Engagement in Netzwerken, idealerweise auch in fachübergreifend aufgestellten Organisationen.
  • Bieten Sie, gerne auch im Zuge agiler Konzepte, Führungsaufgaben auch in Teilzeit oder im Tandem an

Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten, dass ein #Ichwill sowohl mit einem #Wirwolllen und einem #Ichkann einhergehen.

Wie sehen Sie, wie siehst Du dies? Wir freuen uns über Ihr / Euer Feedback!

Nachtrag vom 3.11.20

Eine aktuelle Studie der Global Digital Women (GDW) in Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Flensburg hat weitere Aspekte untersucht und herausgearbeitet. Der Studie zufolge messen knapp 46 Prozent der Teilnehmer*innen der Dimension ethnische Herkunft eine hohe bis sehr hohe Bedeutung bei, aber nur ein Viertel von ihnen hat den Eindruck, dass ihr aktueller Arbeitgeber sich um eine ethnisch gemischte Belegschaft bemüht. Beim Geschlecht gehen Anspruch und Wirklichkeit mit 66 zu 29 Prozent sogar noch weiter auseinander, beim Alter ist die Kluft mit 44 zu 28 Prozent etwas schmaler, aber immer noch breit genug. Mehr kann mensch u.a. auf der Webseite „Digital Chiefs“ nachlesen.

Titelbildnachweis: shutterstock

Autor: Lutz Thielmann